Sturm Hewart
Archiv
Gefahr im Wald
Aus aktuellen Anlass veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung der Authorin Frau Constanze Junghannß einen Artikel der SZ vom Freitag den 10.11.2017
Die Schäden von Sturm „Herwart“ sind im Görlitzer Umland enorm.
Das Ausmaß wird jetzt erst richtlich klar. Aufräumarbeiten müssen noch warten.
Görlitz/Region. Wie eine riesige Axt wütete „Herwart“ in der Region. Der Sturm schlug selbst alte Eichen mit einem Stammdurchmesser von einem Meter zu Boden, rammte riesige Äste in die Erde und richtete bedeutend mehr Unheil an, als auf den allerersten Blick sichtbar gewesen ist. Von den zerstörten Eichen berichtet Manfred Schneider mit besonders viel Wehmut. So knickten die zu den Buchengewächsen zählenden Bäume unter anderem in Gersdorf und Leuba wie Streichhölzer um. Manfred Schneider ist Berater von der Forstbetriebsgemeinschaft Waldbauverein Deutsch-Paulsdorf. Zu dem gehören aktuell 137 Mitglieder. Viele der privaten Waldbesitzer hat es eiskalt erwischt. „Vor allem dort, wo gerade erst frisch durchgeforstet wurde, ist der Schaden enorm“, berichtet der Förster. Denn an diesen Lückenstellen konnte „Herwart“ besonders angreifen. Nun wird es wenigstens zwei Vegetationsperioden dauern, bis der Wald in den betroffenen Bereichen wieder stabil ist. Geschätzte 1 000 Festmeter Holz gingen im Betreuungsgebiet der Forstbetriebsgemeinschaft zu Bruch. Vergleichbar sei „Herwart“ mit „Kyrill“ – dem Extremsturm vom Januar 2007. Klar, das Holz kann irgendwann verwertet werden. Nur momentan ist da kein Herankommen, wie der Fachmann weiß. „Es hat einfach viel zu viel geregnet, der Boden ist für die notwendige Technik zu aufgeweicht, und man kommt da jetzt nicht richtig ran ans Holz“, sagt er. Zwar bemühten sich die Waldeigentümer, die Wege schnellstmöglich wieder freizubekommen, doch im Busch selbst sieht es eben noch katastrophal aus. Das große Aufräumen muss also warten. Und ob das die kommende Zeit machbar ist, steht witterungsbedingt in den Sternen. Zumal die notwendige Technik der Spezialunternehmen derzeit so gut wie ausgebucht ist. Der Zustand der Wälder bereitet Manfred Schneider auch aus einem anderen Grund Kopfzerbrechen. Seit 2015 nahmen die Probleme überhand. Erst war es der Kupferstecher, in den beiden nachfolgenden Jahren der Buchdrucker, die die Bäume stark schädigten. Beide Insektenarten zählen zu den Borkenkäfern. Die letzte Käferplage sei erst kürzlich halbwegs überwunden gewesen. Der Sturm jedoch hat nun noch einen weiteren Stoß dazugegeben, der schmerzlich ist. Besonders betroffen sind die Gebiete um Deutsch-Paulsdorf, der Kleine und Große Nonnenwald, dazu der Rotstein, das Mittelrevier und der Friedersdorfer Berg. Dort müssen Spaziergänger nun ganz besonders achtsam sein, wie Manfred Schneider sagt. „Betreten des Waldes ist ja jedem freigestellt“, erklärt er. Ein direktes Waldverbot gebe es in dem Falle nicht. Wachsam sollten Spaziergänger aber unbedingt sein und auf keinen Fall die Waldwege verlassen. Denn das kann gefährlich werden. Mancherorts hängen große Äste in Schieflage oder auch ganze Bäume. Ob und wann die herunterbrechen, kann niemand vorhersehen. Für die Sicherheit im Wald sei jeder selbst verantwortlich. Da gilt „Betreten auf eigene Gefahr“. So manchen mag vielleicht das Bruchholz reizen, um damit seinen Ofen zu füttern. Selbstbedienung ist verboten. Was dagegen machbar und gerade bei den Leuten auf dem Dorf gang und gäbe ist: Den Kontakt mit dem jeweiligen Waldbesitzer aufnehmen und fragen. „Er entscheidet dann, was an welchen Stellen geholt werden darf“, sagt der Deutsch-Paulsdorfer. Kein Bruchholz dagegen gibt es bei der berühmten Kästnereiche in Schöpstal. Allen Unkenrufen zum Trotz blieb das Naturdenkmal heil. Während im Girbigsdorfer Auenpark und beim Schlosspark Kunnersdorf Bäume brachen, in der Gemeinde Stromleitungen in Mitleidenschaft gezogen wurden und auch auf den Kreisbahnradweg jede Menge Äste fielen, blieb der 350 bis 500 Jahre alte Riese vor Schäden gefeit. Dass ausgerechnet die uralte Kästner-eiche den Sturm schadlos überstand, freut nicht nur Bürgermeister Bernd Kalkbrenner. Er und seine Gemeinderäte sowie Vereine und Anwohner setzen sich seit geraumer Zeit vehement für den Erhalt des Baumes ein. Den will der Staatsbetrieb Sachsenforst aus Sicherheitsgründen fällen lassen. Die Naturschutzbehörde vom Landkreis hatte einen unabhängigen Gutachter beauftragt, der feststellte, die Stieleiche kann bleiben. Noch ist das letzte Wort der Behörden aber nicht gesprochen. Die Schöpstaler warten auf eine Entscheidung vom Amt. Und sind nun erst einmal mit der Beseitigung der Sturmschäden beschäftigt.
Quelle: SZ-Online Freitag 10.11.2017 Autor: Frau Constanze Junghannß